Baron Voght und Senator Jenisch in Klein Flottbek

Caspar Voght wurde wie sein Vater Hamburger Kaufmann, war Philanthrop und Okonom, und er machte Flottbek in der damals „gebildeten“ Welt bekannt als Mustergut und „ornamented farm“. Seine Ideen einer produktiven Armenfürsorge führten zusammen mit Johann Georg Büsch und der Patriotischen Gesellschaft 1788 zur Hamburger Allgemeinen Armenanstalt. Er setzte diesen Reformgedanken weiter fort in anderen Städten wie z. B. in Wien und Berlin. Sein diesbezüglicher aktiver Einsatz 1801/02 für Wien brachte ihm 1802 die Erhebung in den Reichsfreiherrnstand durch Kaiser Franz II. In Klein- und Groß Flottbek erwarb er mehrere Bauernhöfe, die er durch Arrondierungen zu einem geschlossenen Landgut ausbaute. Er betrieb hier wissenschaftlich Ackerbau und richtete mit L. A. Staudinger eine Landbauakademie ein. Nach der Idee der „ornamented farm“ gestaltete er sein Gutsland parkartig durch Anlage von Spazierwegen in Verbindung mit Sichtschneisen und Bau von romantischen Ruheplätzen. Mittelpunkt war sein Gutshof mit Wirtschaftsbauten, Insten-Reihenhäusern (Bild unten) und seinem um 1795 von J. A. Ahrens errichteten Herrenhaus (Bild). Nach den Himmelsrichtungen nannte er das Gutsareal Park, der heute noch erkennbar ist: Jenischpark, Golfplatz, neuer Botanischer Garten, Poloplatz, Derby-Park und Westerpark. Hier genoss er im Quellental in seinem von der Aufklärung geprägten Freundeskreis schöne Sommerzeiten.

Geboren wurde Caspar Voght am 17. November 1752 in Hamburg. Sein gleichnamiger Vater war erfolgreicher Kaufmann und brachte es bis zum Mitglied der Hamburgischen Regierung, zum Ratsherrn (Senator). Dieser entstammte einer Pastorenfamilie im Hannoverschen und lernte in Hamburg die „Handlung“. Er heiratete eine Tochter seines Prinzipals, wurde Teilhaber, machte sich selbständig und kam zu großem Reichtum. Der junge Caspar Voght wuchs behütet auf, kam mit 13 Jahren in die väterliche Firma und bildete sich weiter auf der für junge Kaufleute üblichen Kavalierreise durch Westeuropa. Er war ein „Mann von Welt“ geworden, korrespondierte mit vielen Wissenschaftlern, hielt sich längere Zeiten in England und Frankreich auf. Sein Freundeskreis wirkte reformend und aufklärerisch. Flottbek verkaufte er an J. H. Jenisch d. J., nachdem der Jenischpark benannt ist und dessen klassizistische Villa heute Museum ist. Am 20. März 1839 starb Baron Voght in Hamburg in seiner Stadtwohnung an der Dammtorstraße. Seine letzte Ruhe fand er auf dem Nienstedtener Friedhof.

James Booth (1772-1814), Landschaftsgärtner und Baumschulbesitzer, gebürtiger Schotte, wurde 1794 von Caspar Voght bei seiner England/Schottland-Reise angeworben, behilflich zu sein bei der Gestaltung des neuen Flottbeker Gutes zu einer „ornamented farm“. James Booth war einer der maßgebenden Gestalter des heutigen Jenischparks. Sein Sohn, John Richmond Booth (1799-1847) brachte die Gärtnerei nebst Pflanzenzucht zu europäischem Ruhm. Das Kerngebiet der Baumschule lag an der Elbchaussee zwischen heutiger Holztwiete und Parkstraße. Hier war eine botanische und gartenpflegerisch bedeutende, viel besuchte Ausstellung. Neben dem geschmackvollen – 1935 abgerissenen – Wohnhaus lagen hier 11 große Glashäuser (Treibhäuser) mit botanischen Sonderheiten: Orchideenhaus, Palmenhaus, Kakteenhaus, Erikahaus, Azaleenhaus, Kamelienhaus u.a..

Von der Booth-Baumschaule aus erfolgte die Entwicklung des großen holsteinischen Baumschulgebietes Halstenbek, Pinneberg, Uetersen. Hiesige Baumschüler wie von Ehren waren Lehrlinge bei Booth. Die dritte Generation Booth hatte sich zu sehr auf Wissenschaft konzentriert, Wirtschaftlichkeit vernachlässigt und musste so 1882 Liquidation anmelden. Einen Rest hatte Obergärtner Ansorge übernommen, dessen Erben nun im Hinterland, Parkstraße/Elbchausse eine neue Wohnanlage ermöglichten.

Senator Martin Johann Jenisch der Jüngere (1793 bis 1857) ist der Bauherr des Jenisch- Hauses, war Präses der Hamburger Baudeputation, hochgebildet und Kunstsammler. Seine Familie stammte aus Augsburg und war im 17. Jahrhundert nach Hamburg eingewandert. Sein gleichnamiger Vater war in der napoleonischen Zeit Mitglied des Hamburger Senats und hatte sich sehr verdient gemacht. Dieser war ein äußerst erfolgreicher Kaufmann, der anfing, die „Handlung“ aufs Bank- und Versicherungsgeschäft auszudehnen. Als der Vater 1827 starb, hinterließ er seinen Erben ein großes Vermögen. Der Sohn M. J. Jenisch der Jüngere folgte seinem Vater in den Senat, 1828 kaufte er vom Baron Voght, der altersmäßig sein Gut in Klein Flottbek nicht mehr so aktiv bewirtschaften konnte und auch in gewisse Finanznöte geraten war, den Flottbeker Besitz. Vom Dänischen König ließ er 1829 Flottbek zum Kanzleigut erheben, das damit aus der regionalen Verwaltung ausschied und einen ähnlichen Stand (jedoch mit Einschränkungen) wie adlige Güter erhielt. In den Topographien der Zeit um 1840 ist daher beim Stichwort Flottbek eine Dreiteilung vorgenommen: Kanzleigut, Klein Flottbek, Groß Flottbek. 1831 bis 1834 wurde das Flottbeker Jenisch Haus durch Forsmann unter Stellungnahme des preußischen Oberbaudirektors K. F. Schinkel gebaut.

Martin Johann Jenisch d.J. war ein besonderer Freund der Künste. Sosammelte er vor allem in den 1830er Jahren Gemälde der damals modernen Künstler (zeitgenössische Kunst). Er war Mitglied des Hamburger Kunstvereins und betreute dessen Ausstellung. Bei seinen ltalienreisen kaufte und orderte er Werke der „modernen Maler“. So konnte er eine Sammlung von ca. 50 Gemälden aufbauen. Sein Amt als Präses der Hamburger Baudeputation nahm ihn nach dem Großen Brand von 1842 so in Anspruch, daß er für die Fortführung seiner Sammlung keine Zeit mehr hatte. Während sein Stadthaus an den Großen Bleichen abbrannte, hat seine Gemäldesammlung (wohl in Flottbek) keinen Schaden genommen. Sein Stadtpalais Große Bleichen 23 ließ er 1845 durch de Meuson erbauen, in dessen Grundriß ein großer Raum als Bildgalerie ausgewiesen ist. (Das Haus ist 1907 abgerissen worden, dort ist jetzt die Kaiser Galerie eingerichtet, nachdem das Ohnsorg-Theater seine Spielstätte an den Hauptbahnhof verlegt hatte).

Die Gemäldesammlung blieb weitgehend in Familienbesitz der Freiherren v. Jenisch auf Blumendorf und kam innerhalb der letzten Jahrzehnte ins Altonaer Museum. 19 weitere Werke konnten kürzlich aus Mitteln der Kulturstiftung der Länder, des Bundes, der Stadt Hamburg und der „Freunde des Altonaer Museums“ erworben werden.

(Der Heimatbote 11/2002/HC (Baron Voght), 11/2009/HC (James Booth), 06/2001/HC (Senator Jenisch))

Buchempfehlung

Reinhard Crusius, Der Jenischpark – ein Spaziergang durch seine Geschichte und die Jahreszeiten, Verlag Völker, Hamburg 2006

Das Buch beschreibt verständlich die Geschichte des Parks und seiner Umgebung, vermittelt ein einfühlsames Bild seines Gründers Caspar Voght sowie dessen Gedankenwelt und verfolgt anschaulich die Entwicklung bis hin zum Jenischpark, wie wir ihn heute kennen. Es sind viele Fotos aus den letzten 30 Jahren und zum Teil wenig bekannte Abbildungen von alten Stichen, Lithografien und Gemälden enthalten. Ergänzt wird das Buch um eine DVD mit einer großen Zahl weiterer historischer und aktueller Abbildungen. Durch seinen Aufbau ist das Buch ideal geeignet für den Besucher, der den Jenischpark nur in seiner Schönheit genießen will, aber auch für den, der mehr wissen möchte über Details und historische Hintergründe. (PS)  

Sehen Sie sich bitte auch den sehr informativen Internetauftritt der Freunde des Jenischparks (e.V.) an.