Gestatten Sie den Nienstedtenern doch bitte einige kleine erläuternde Hintergründe, die der Auflösung einer breiten Verwirrung dienlich sein könnten.
Liegt die Führungsakademie der Bundeswehr nun in Blankenese, wie weithin behauptet, oder in Nienstedten? Das Gebiet entlang der heutigen Manteuffelstraße befand sich zunächst in Dockenhunden, welches im Jahre 1919 nach Blankenese eingemeindet wurde. Blankenese selbst fiel 1927 an die Stadt Altona und wurde 1938 schließlich Teil der Freien und Hansestadt Hamburg. Gleichzeitig wurde im Verlauf der Schenefelder Landstraße und des Mühlenbergs die Grenze zwischen den Stadtteilen Blankenese im Westen und Nienstedten im Osten gezogen. Schon Mitte der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts verdrängten erste Militäranlagen die frühere landwirtschaftliche Nutzung und ein großes Villengrundstück (das alte Gebäude, die Villa Plaut, ist noch erhalten). Erst im Jahre 1958 zog hier die Führungsakademie ein. Den Nienstedtenern ist allein wichtig, dass hier die Bundeswehr zusammen mit mehr als 50 Nationen daran arbeitet, Frieden und Menschenrechte weltweit zu schützen. Das teilen sie gern mit den Blankenesern, aber auch mit allen anderen Menschen auf der Welt. Grotesk ist allerdings, dass die Führungsakademie selbst sich in Blankenese verortet. Das ist angesichts der damaligen Wehrmachtsvergangenheit dann doch etwas verwunderlich. Nehmen wir einfach mal an, man kennt sich in der Truppe in Sachen Navigation und Koordinaten nicht so gut aus . . .
Ähnliche Irritationen herrschen bei der Lokalisierung des Hirschparks. Hinsichtlich der Grenzhistorie gilt das obige, er liegt also in Nienstedten. Warum aber einige Menschen gleichwohl mit gewissem Recht „Hirschpark Blankenese“ sagen können, liegt daran, dass die Gemeinde Blankenese den Park im Jahre 1924 von der damaligen Eigentümerfamilie gekauft hatte. Jetzt aber gehört er der Freien und Hansestadt Hamburg. Nun denn, spazieren gehen kann hier jeder – und das genügt doch eigentlich.
Weiter zum Derbyplatz in Klein Flottbek. Auch hier hat die Grenzziehung von 1938 ihre Spuren hinterlassen. In jenem Jahr vollzog sich das formelle Ende von Klein Flottbek, die Baron-Voght-Straße wurde zur Grenze zwischen Nienstedten im Westen und Othmarschen im Osten. Doch hat sich nicht nur in den Herzen der Klein Flottbeker, sondern auch bei allen Elbvorortlern das Bewusstsein für den alten Ort bewahrt: Klein Flottbek bleibt Klein Flottbek. Über Nienstedtens Grenze nach Norden, zu Osdorf, gibt es offenbar weniger Berichtenswertes, vermutlich weil die S-Bahn-Linie einfach nur durch’s Grüne verläuft.
Der eigentliche Nienstedtener ist bescheiden – er erhebt „Anspruch“ nur auf Kirche, Marktplatz und Seegerichtshof (natürlich mit den UN geteilt), vielleicht noch die Lage an der Elbe. Und er heißt alle friedlichen Besucher herzlich willkommen . . .
Schließlich doch noch etwas zur großen Politik: War Nienstedten im 18. Jahrhundert dänisch? Nein, zumindest nicht so ganz. Das Herzogtum Holstein (zu welchem Nienstedten gehörte) unterstand durch Erbfolge zwar dem dänischen König, blieb aber Teil des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation – staatliches Territorium samt Bürgern einerseits und Herrschaftsgewalt andererseits fielen (anders als im Nationalstaat) in gewisser Weise auseinander. Etwas vergleichen kann man das vielleicht mit einer heutigen Konzernstruktur: Dänemark ist maßgeblicher Anteilseigner an der Tochtergesellschaft Holstein und Deutschland die Holdung. Wenn man so mag: „deutsch-dänisch“. Also, auf stets gute Nachbarschaft!
CONCORDIA DOMI FORIS PAX
(onl. 02/2010-2021)